Everpix: Photostream, wie er sein sollte
Apple hört immer häufiger am Rand der eigenen Produktpalette auf mitzudenken. Das ist vor allem dann schade, wenn man nicht mit beiden Beinen im Apple-Universum steckt, sondern vielleicht nur mit einem.
Der Photostream zum Beispiel ist super. Alle Photos, die man macht, landen dort. Egal, vom iPhone, iPad oder der Digitalkamera. Die neusten Bilder sind immer überall. Auf allen Geräten (zumindest denen mit Internetzugang), den Rechnern und auf dem AppleTV im Wohnzimmer. Das gilt immer für die neusten 1000 Bilder oder die Bilder der letzten 30 Tage, abhängig davon, was mehr ist. Alles darüber hinaus fällt einfach aus der iCloud. Man kann zwar Geld für mehr Speicher der iCloud bezahlen, auf den Photostream wirkt sich das aber nicht aus.
Achja, auf dem Rechner funktioniert das auch nur, solange man seine Fotos mit iPhoto oder Aperture verwendet. Menschen wie ich, die Lightroom nutzen spielen beim Photostream offiziell nicht mit. Dafür gibt es einige Skriplösungen im Internet, aber aus so wackelige Beine wollte ich mich nicht stellen. Hier kommt Everpix ins Spiel.
Everpix ist ein massiv aufgeblasener Photostream. Everpix zieht sich Bilder von überall: Twitter, Flickr, Facebook, Instagram und über einen kleines Programm auch von meinem Mac. So sind aktuell ca. 25.000 Fotos von meinem Rechner in der Everpix'schen Wolke. Dort werden sie vom Server analysiert und automatisch getagged. Im Gegensatz zur manuellen Verschlagwortung hat es den Nachteil, dass es nicht so genau ist. Im Gegensatz zur manuellen Verschlagwortung hat es den Vorteil, dass es wirklich gemacht wird.
Bei dem Bild von Bierflaschen auf unseren Schreibtischen ist Everpix sich also zu 85% sicher, dass es eine Innenaufnahme ist, 91%, dass das Motiv weniger als 10 Fuß entfernt ist und 55%, dass die Bierflasche ein Mensch ist. Das zeigt ungefähr die Qualität der Kategorisierung. Im Großen und Ganzen funktioniert es einigermaßen. Fairer Weise muss man sagen, dass das Feature noch experimentell ist.
Everpix selbst verkauft sich auch als Lösung eines ganz anderen Problems. Dem des fotografischen Überflusses. Mit der Spiegelreflex schießt man schnell mal 45 Bilder in der Sekunde. Die sind dann meistens vom gleichen Motiv und unterscheiden sich in der Regel in drei Pixeln voneinander. Everpix bereitet diesen großen Schwall an Fotos in einem Highlight-View auf. Dinge von denen man viele Fotos gemacht hat, werden wichtiger, viele Fotos vom gleichen Motiv (auch aus mehreren Winkeln oder mit leichten Veränderungen) werden zusammengefasst.
In der Theorie erkennen die Server auch, wenn ein unscharfes Bild dazwischen ist und nehmen dann ein anderes um diesen Moment zu illustrieren. In der Praxis hat das bei mir nicht immer funktioniert, aber es ist ein Anfang.
Ich merke, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich alte Bilder ansehe deutlich größer geworden ist, seitdem ich diese Vollautomatischen Übersichten generiert bekomme. Vollautomatisch ist hier das Stichwort. Es gibt kaum Einflussmöglichkeiten auf das Ergebnis. Das ist gerade eins der Hauptfeatures. Oben Bilder in den Reißwolf werfen, unten die fertige Highlightansichtanschauen. Dazwischen ist nichts, das man selbst mitbekommen würde.
Ein weiterer Vorteil ist, dass ich immer alle meine Fotos dabei habe. Denn auch wenn die Bilder zusammengefasst werden, kann ich über das eine Bild an den »Moment« kommen, an dem das Bild aufgenommen wurde und sehe auch die ganzen aussortierten Bilder. Sowohl auf dem iPhone als auch auf dem iPad werden diese Bildersammlungen gecached. Nicht alle Bilder in hoher Auflösung, die können dann aber bei bedarf nachgeladen werden.
Wer darüber hinaus einfach ein bisschen in der Vergangenheit und den eigenen Bildern stöbern möchte kann sich zum Beispiel zufällige Landschaftsfotos anzeigen lassen, oder Fotos mit Menschen, Tieren, Essen oder direkt zufällig. Auch hier sind hin und wieder falsche Bilder dazwischen, aber insgesamt sieht man so Bilder wieder, die sonst in den Tiefen der Festplatte verschollen wären.
Everpix ist bei weitem nicht perfekt, umrundet Apples Photostream aber locker mehrfach. Der Dienst ist gratis, sofern man nur die Bilder der letzten 12 Monate sehen will. Für $5 im Monat kann man ein ganzes Leben voller Fotos immer in der Hosentasche bei sich tragen. Ziemlich cool und das ohne Aufwand.