Krautreporter, ich weiß auch nicht
Schon lange hatte ich nicht solche Probleme, eine Meinung zu einem Projekt zu haben. Die Krautreporter haben ein unterstützenswertes Ziel, machen haufenweise Fehler und erreichen offenbar in letzter Minute ihr Ziel.
Präsentation
Da sitzen sie in ihren kleinen grauen Kästchen, die 28 Redakteure. Mobil funktioniert die Seite Anfangs gar nicht, später einigermaßen. Die Bilder sind nicht gleichmäßig entsättigt, alles wirkt etwas lieblos zusammengezimmert. Gleichzeitig verkaufen sie sich als die 28 Kreuzritter. Journalismus ist kaputt und nur dieser Zusammenschluss kann uns alle vor der gemeinen Klickstrecke retten. Ganz schön großmäulig, aber vielleicht muss das so, wenn man in Deutschland Crowfunding betreibt. Vielleicht ist das aber auch der Grund, warum wir hierzulande keinen unverkrampften Umgang mit neuen Dingen haben dürfen. Der furchtbare Name wäre das nächste Indiz.
Für mich wirkt das alles ziemlich aufgesetzt für ein Projekt, dass das Medium Internet als erstes so richtig verstanden haben will und in Zukunft alles besser machen möchte.
Warum?
Auf der anderen Seite ist es dringend notwendig, denn die Initiativen der meisten Zeitungen im Netz zeigen, dass sie das „neue“ Medium einfach nicht verstehen wollen. Damit meine ich nicht mal das Internet an sich, sondern das Internet in der Form, in der es im Jahr 2014 daher kommt. Verschiedenste Endgeräte, Technische Möglichkeiten, die weit über das einfache Abbilden eines Artikels hinaus gehen und nichts davon wird mit Herzblut umgesetzt. Wir bekommen immer noch lieblose Artikelseiten, in die einfach ein Text gekippt wurde, starre Anzeigenwerbung wird gnadenlos um und über die Artikel geworfen.
Jeff Jarvis forderte kürzlich die Zeitungen dazu auf, das gedruckte Papier als Abfallprodukt ihrer Online-Initiativen zu sehen und nicht umgekehrt. Das beschreibt das Gefühl, dass ich beim Lesen im Netz in den meisten Fällen bekomme ganz gut. Ich habe in meinem Leben noch keine Zeitung abonniert und hier in Bremen gibt es auch nur eine Zeitung. Noch. Denn wenn ich mir die Online-Eskapaden des Weser-Kuriers anschaue, dann überkommt mich ganz stark das Gefühl, dass diese Zeitung exakt so lange existiert, wie das bedrucken von toten Bäumen mit den Nachrichten von gestern und der manuellen Verteilung an die Haushalte der Region noch eine finanziell tragendes Konstrukt ist.
Aber heute soll es nicht um lokale Nachrichten gehen, sondern um die Krautreporter. Auf freiwilliger Basis Geld von den Lesern einzusammeln, das Ergebnis aber frei ins Netz zu stellen, ist ein neues Konzept. Ich unterhielt mich mit einigen Zeitungsabonnenten über die Idee und stieß auf völliges Unverständnis. „Warum sollte ich dafür bezahlen, wenn ich das auch so lesen kann?“. Möglicherweise ist das ein Generationsproblem. Jedenfalls haben die Zeitungen bewiesen, dass die Bezahlung per Anzeigeneinblendung nicht funktioniert und zu einem furchtbaren Produkt für die Leser wird.
Ich möchte die Bundesligatabelle bitte nicht als Klickstrecke sehen, wo jedes dritte Bild eine neue Werbung ist und jeder Klick an einen Vermarkter übermittelt wird, so dass völlig absurde Klickzahlen und auf lange Sicht auch unzufriedene Werbekunden entstehen. Das ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell für Nachrichten.
Finanzierung
Das Crowdfunding ist ein Versuch, aus dem traditionellen Geschäftsmodell auszubrechen und so einigen der Problemen auszuweichen, mit denen andere Online-Redaktionen zu kämpfen haben. Und wenn Crowdfunding eine Robocop-Statue finanzieren kann, warum dann nicht auch eine digitale Publikation? Auch wenn aus meiner Sicht der Einstieg mit 60€ zu hoch ist, die Kommunikation der Ergebnisse schwammig daher kommt und es einfach unlogisch ist, den Erfolg an der Anzahl der Spender und nicht einer Gesamtsumme zu messen, scheint der letzte Endspurt zu genügen um das Projekt wahr werden zu lassen.
Na denn
Wie nachhaltig diese Art der Finanzierung für eine Redaktion ist, wird sich zeigen. Genauso, ob die Inhalte überzeugen können. Ich suche mir die Artikel, die ich im Netz lese ja nicht nach der Finanzierungsart der Publikation aus, sondern eher nach der Ausrichtung der Publikation – hierzu findet sich gar nichts auf der Krautreporter-Website – und der Qualität der Inhalte. Häufig suche ich sie mir nicht mal selbst aus, was ich lese, sondern lasse die Artikel über soziale Kanäle an mich heran tragen. Außerdem sitzen in dem Boot mit den 28 Plätzen einige Menschen, die ich nicht ausstehen und damit nicht lesen kann. Das erleichtert es nicht unbedingt, mich darauf zu freuen. Es ändert aber auch nichts daran, dass ich sehr gespannt auf den Ausgang des Experimentes bin.