Wohin?

Ich will gar nicht beurteilen, wie gut es Twitter geht, seitdem Elon Musk das Ruder übernommen hat und sich jeden Tag droht lächerlicher zu machen. Ich habe auf Twitter schon lange keinen Spaß mehr – völlig unabhängig von Herrn Musk. Man könnte sagen: ich fand Twitter schon doof, bevor es cool wurde.

Ich habe es gelegentlich weiter benutzt und auch jetzt postet @spielundzeug mindestens automatisch, sobald ein neues Video bei YouTube erscheint. Aber die ganze Aktion wühlt in mir existentielle Fragen auf. Was mache ich hier eigentlich? Und warum? Und wo ist dieses »hier«? Was ist ein guter Weg für die Zukunft, was mache ich mit der Vergangenheit?

Twitter war einmal ein fantastischer Ort und hat mein Leben verändert. Es gab mit in meiner vergangenen Selbstständigkeit ein Werkzeug, um viele Gleichgesinnte kennenzulernen, am Ball zu bleiben, bei technischen Entwicklungen und dauerhafte persönliche Verbindungen zu knüpfen. Aber wie gesagt: das ist es schon lange nicht mehr, beim durchscrollen merke ich schon seit Jahren, wie sich dort überwiegend Frust entlädt und das ist nicht mehr, was ich damals von der Plattform wollte.

Natürlich bin ich jetzt bei Mastodon. Mit jetzt meine ich: seit 5 Jahren, 7 Monaten und 22 Tagen. Jedes Mal, wenn in der Vergangenheit irgendwas nerviges bei Twitter passierte, gab es eine kurze Welle von neuer Aktivität und dazwischen viel Grundrauschen. Dieses Mal hat die Welle aber so viele neue Menschen hergespült, dass das zukünftige Grundrauschen ausreichende Aktivität darstellen könnte.

Die letzten Tage geisterte mir die Idee im Kopf herum, einen Mastodon-Server für Spiel und Zeug aufzusetzen und gleichgesinnten oder wenigstens zahlenden Kanalmitgliedern einen Zugang zu geben. So gäbe es gleich ein Geschäftsmodell. Aber die wichtige Frage ist ja: Will ich das eigentlich? Möchte ich eine Instanz verwalten und dafür sorgen, dass es für die Nutzer eine angenehme Erfahrung bleibt und nicht zu einem zweiten Twitter verkommt?

Die andere Frage ist: Was mache ich mit den 11 Twitteraccounts in meinem Passwortmanager. Ich sehe bei Anderen, dass sie ihre Accounts löschen oder zumindest ausleeren. Zum Löschen kann ich mich noch nicht durchringen, auch um es im Zweifel schwieriger zu machen, sich als offizieller Spiel und Zeug-Account auszugeben. Es liegen schon jetzt nur 8 Dollar zwischen einem Hochstapler mit einem Twitteraccount, der offizieller aussehen könnte als der Echte.

Aber ich könnte den Laden ausräumen! Meine Tweets alle löschen! Ich würde damit gegen eine Überzeugung verstoßen, die ich als langjähriger Webschaffender vertrete? Dass sich coole Adressen nicht ändern? Aber ist mein dummes Geseier vom 27. April 2007 ein cooler Inhalt? Wahrscheinlich nicht. Aber hat vielleicht irgendwer irgendwo einen Tweet meiner alten Unternehmung auf seiner Website verlinkt oder eingebettet? Warum sollte ich absichtlich das Internet kaputt machen? Die einzige Antwort ist: weil ich nicht will, dass Twitter – in welchem kleinen Rahmen auch immer – von meinen Posts profitiert. Vielleicht lösche ich deswegen irgendwann meine Inhalte. Aber nicht heute. Heute habe ich habe aber zur Sicherheit meine banalen Gedanken der letzten 15 Jahre schon mal gesichert.

Außerdem macht es heute mit mir, dass ich noch schärfer darüber nachdenke, wie meine Zukunft im Internet aussehen soll. Ich verdiene mein Geld auf YouTube und bin auf zahlreichen anderen Plattformen unterwegs, auf denen ich nirgends die Kontrolle über die zukünftige Entwicklung habe oder über das, was mit meinen Inhalten und Daten passiert. Das wird sich auch nicht nennenswert ändern (können).

Was ich aber ändern kann, ist: wie ich mit dem kleinen Teil des Internets umgehe, über den ich die Kontrolle habe: diese kleine Website. Die habe ich in den letzten Monaten mehr als stiefmütterlich behandelt. Zwischenzeitlich wusste ich nicht mal, was ich eigentlich mit ihr machen will. Aber dankenswerterweise haben die letzten Tage und Wochen rund um Twitter, ein Podcast-Gespräch über das Redesign von The Verge und ein paar Gedanken dazu beigetragen, dass ich jeden Tag mehr Klarheit habe.

Ich habe in meinem Kopf ein klares Bild, was ich mit dieser Seite anfangen möchte und was ich tun muss, damit das hier alles besser für mich funktioniert. Jetzt muss ich mich nur darum kümmern, hier die bestehenden Inhalte nach und nach zu aktualisieren und meine Gedanken in die Tat umzusetzen um dann in Zukunft auch wieder mehr Spaß in den eigenen digitalen vier Wänden zu haben. Ich freue mich endlich wieder drauf!