Fotografieren in New York
Jeder Kutscher in New York City ist Fotograf. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es Fotografen sind, die nebenbei mit kutschieren, oder Kutscher, die nebenbei fotografieren. Diese Erkenntnis beruht auf einer Quote von 100% unter den beiden Kutschern mit denen ich mich in New York unterhalten habe.
Ausgangspunkt für die Gespräche war die X-E1, die ich sichtbar bei mir hatte. Als ich Anfang Januar mit Melinda eine Woche in New York war, nahmen wir die Dienste eines dieser beiden Kutscher in Anspruch um uns durch dem Central Park zu fahren.
Die erste Hälfte der Fahrt sprachen wir über Kameras und er erzählte, dass er die lädierte Leica seiner Frau jetzt durch eine X-E1 ersetzen wolle. Erst in der zweiten Hälfte spulte er sein Programm als Fremdenführer ab. Anschließend stellte er mich einem Kollegen vor, mit dem ich ebenfalls kurz über die Kamera und die Fotogeschäfte von New York sprach. Ich merke in letzter Zeit immer häufiger, dass die Fuji und ihre Retro-Optik oft zu spontanen Gesprächen führen. Aber nun zum Fotografieren.
Es war die erste fotolastige Unternehmung seit Jahren ohne meine Spiegelreflex. Genau genommen ist das gelogen und es ist die Zweite. Ich habe die Canon nicht eine Sekunde vermisst. Es gab Gelegenheiten zu denen ich gern weniger Brennweite als die 27mm bei mir gehabt hätte. Sogar noch häufiger hätte ich mich über mehr als die gut 80mm gefreut. Aber man lernt ja am schnellsten, wenn man mit Einschränkungen leben muss. Außerdem war ich froh, jederzeit meine kleine Fototasche, eine Crumpler Quick Escape 700, statt einem riesigen Rucksack voller Glas durch die Stadt zu tragen. Wir hatten unsere Tage ja auch nicht fest verplant und so konnte eine fotografische Gelegenheit hinter jeder Ecke lauern. Mal eben nach dem Einkaufen – Shoppen, wie es die Ureinwohner nennen – auf das Rockefeller Center und die Skyline fotografieren. Da darf die Fototasche dann nicht gerade im Hotelzimmer liegen. Aber selbst eine kleine Tasche wird mit der Zeit sehr schwer, wenn man sie acht Tage auf der Schulter hat. So schwer, dass man sich in China Town in einem dubiosen Massagekeller von einem Chinesen wieder zusammensetzen lassen muss.
Zugegeben ganz so spontan wie wir uns das vorgestellt hatten, funktionierte das beim Rockefeller Center leider nicht. Also verpassten wir den Sonnenuntergang und waren rechtzeitig für einen schwarzen Himmel auf dem Dach. Ich kann trotzdem empfehlen, auf die Aussichtsplattform „Top of the Rocks“ statt der des Empire State Buildings zu wählen, solange nur eines von Beiden in den Zeitplan passt. Denn so sieht man das Empire State Building und nicht das Rockefeller Center. Außerdem gibt es keine langen Warteschlangen, sondern Termine für die Fahrt nach oben. Am besten bucht der geneigte Tourist schon vorher im Internet eine Auffahrt vor Sonnenauf- oder Untergang, dann werden die Bilder auch spannender.
New York selbst ist natürlich voller fotografischer Klischees. Wenn ich dann schon einmal dort bin, wollte ich natürlich auch jedes Einzelne mitnehmen. An vielen Stellen hatte sich die Stadt allerdings noch nicht vollständig vom Hurricane Sandy erholt. Viele Gebäude und auch Liberty Island waren noch gesperrt. Über die ganze Stadt verteilt standen Baugerüste, die den Ausblick auf Fassaden beeinträchtigten. Was mich im ersten Moment ärgerte, gefiel mir zum Ende dann doch besser. Schließlich haben meine Fotos dadurch einen eindeutigen Zeitstempel, genau wie durch das noch nicht fertig gestellte World Trade Center.
Als dann nach den ersten Tagen die meisten Pflichtbesuche erledigt waren, machte mir die Stadt auch zunehmend mehr Spaß. Langsam erkundeten wir Ecken, die nicht ganz so überlaufen waren und alles wirkt ein bisschen weniger künstlich.
Die Ausrüstung
Ich hatte meine Fujifilm X-E1 als einzige Kamera dabei. Außer man zählt das iPhone und das iPad mit. Zwei Akkus und zwei Ladegeräte, SD-Karten und der ganze Kleinkram, den man so braucht.
Objektive hatte ich zwei bei mir. Das Fujinon 35mm f/1.4, bei dem ich ja vorher ein wenig Angst hatte, dass die umgerechnet ca. 50mm etwas zu lang sein würden. Deswegen kaufte ich ja noch das 18-55mm f/2.8-4 (Brennweitenbereinigt: 27mm bis 83mm). Ich bin doch recht froh, das gemacht zu haben. Beim fotografieren der Brücken waren schon die 18mm eigentlich zu lang, da wir auch hier wegen Bauzäunen in unserer Bewegung etwas eingeschränkt waren. Bei der Bootstour raus zur Freiheitsstatue war ich dagegen froh über jeden Millimeter Brennweite.
Dann hatte ich noch den Fernauslöser dabei. Leider Kabelgebunden, da es von Fuji noch nichts mit Funk gibt. Aber beim Auslösen auf dem Stativ will ich ja nicht an der Kamera wackeln. Als Stativ hatte ich einen Gorillapod SLR Zoom mit Kugelkopf dabei. Der passte gerade noch so in meine Fototasche und extra noch ein Stativ im Koffer war mir dann doch etwas zu umständlich. In einigen Situationen wäre ich mit einem vollwertigen Stativ sicherlich freier gewesen, was das Bild angeht. Gerade mit einer Festbrennweite ist man dann oft in zwei Dimensionen eingeschränkt. Aber da lernt man ja, habe ich gehört. Generell habe ich eigentlich überall etwas zum dranklemmen oder draufstellen gefunden, sodass ich die Entscheidung auch im Nachhinein noch einmal so treffen würde.
Meinen einfachen, selbstgebauten Regenschutz für die Kamera habe ich nicht gebraucht, da wir einfach durchgängig fantastisches Wetter hatten. Dagegen heiß gelaufen ist der GPS-Logger, der glücklicher Weise über 24 Stunden durchhält und so bei regelmäßiger Ladung in der Nacht durchgängig seine Arbeit verrichten konnte. Außer in der Metro und manchmal gab es in den Häuserschluchten kleine Aussetzer.
Völlig Ausgelöst
Eine Veränderung, die ich bei mir feststelle ist, dass ich weniger Fotos mache und die Gedanken pro Foto zunehmen. Das mag an der Kamera mit der anderen Bedienung liegen, daran, dass sie ohnehin im normalen Modus nicht sonderlich schnell ist, oder – und das versuche ich mir einzureden – es liegt daran, dass ich mittlerweile dann doch eine sechsstellige Zahl an Fotos fabriziert habe und langsam eine gewisse Erfahrung dazu kommt. Wahrscheinlich eine Mischung aus allen drei Faktoren und am wenigsten aus dem Letzten. Jedenfalls warte ich jetzt häufiger vor dem Abdrücken bis sich eine Situation ergibt, jemand ins Bild läuft oder heraus fährt, ich verändere den Bildausschnitt bevor ich abdrücke oder stelle noch ein wenig an der Belichtungskorrektur herum.
Manchmal erfordert es die Situation natürlich auch, erst abzudrücken und dann zu denken. Gerade das sind die Situationen, in denen ich mir einen besseren Autofokus wünsche als die Fuji mitbringt. Aber vielleicht passiert da ja in Zukunft noch was.
Viel Spaß haben mir vor allem die Dinge gemacht, die ich vorher nicht so auf dem Zettel hatte. Der Chelsea Market ist meines Erachtens auf jeden Fall einen Besuch wert und auch die High Line, ein Park auf den Schienen einer stillgelegten Hochbahn, war ein Überraschungssieger. In China Town und Little Italy hätte ich auch noch mehr Zeit verbringen können. New York hat sicher noch eine Menge mehr zu bieten, aber in 8 Tagen mussten wir natürlich Prioritäten setzen und wollten unseren Urlaub auch nicht in Hektik ausarten lassen. Am Ende hatten wir auch nicht das Gefühl irgendetwas Elementares verpasst zu haben.
Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit den Fotos aus New York und bedauere auf keinen Fall, „nur“ die Fuji mitgenommen zu haben und die Canon 6D-Bestellung storniert zu haben. Eine kleine Auswahl habe ich bei flickr hochgeladen und freue mich über Kommentare und Kritik.
Nachbearbeitung
Meine Motivation Fotos zu bearbeiten hält sich in letzter Zeit stark in Grenzen. Ich versuche möglichst viel schon direkt in der Kamera richtig zu machen. Wahrscheinlich ein weiterer Grund für das gründlichere Fotografieren. Die Tatsache, dass Lightroom elend langsam ist, wenn es Fotos von einem X-Trans-Sensor bearbeitet, steigert meine Nachbearbeitungsmotivation sicherlich nicht noch zusätzlich. Also habe ich den gesamten Urlaub in RAW+JPG fotografiert und wo immer es möglich war, die JPGs direkt verwendet.
Das hat sicher geholfen, dass die Fotos recht Zeitnah in einem präsentationsfähigen Zustand waren und eine Auswahl auch schnell den Weg ins Netz gefunden hat. Alle Fotos, die an Lightroom vorbei direkt den Weg zu flickr gefunden haben, sind dort mit dem Tag »ooc« versehen. Das sind also die Dateien genau so wie sie die Kamera geschaffen hat. Ein Prozess, der sich für mich schon ganz schön analog anfühlt, aber großen Spaß macht und den ich sicherlich auch in Zukunft anstreben werde.
Damit ist an New York ein Haken. Mal sehen, welche Stadt mir als nächstes vor die Linse kommt.