Meine neue Kamera, die Fuji X-E1

Die Fujifilm X-E1

Ich verkomme langsam zum Fotografie-Technikblog. Mein Problem ist im Moment, dass ich zwischen diversen Stühlen sitze. Aber eines nach dem Anderen. Ich schrieb in den vergangenen Monaten häufig davon, dass ich eine Kamera suche, die GPS und Wifi eingebaut hat. Jetzt habe ich die X-E1 gekauft, die ohne beides daher kommt. Wie passt das zusammen?

Da ich das Gefühl habe, die Geschichte in letzter Zeit immer wieder zu erzählen, hier nur die Kurzfassung: Meine Canon EOS 450D ist de facto hinüber. Ende Dezember/Anfang Januar bin ich in New York und brauche eine Kamera, also bestellte ich die Canon 6D vor. Amazon sagt aber, die kommt zu spät. Also sondierte ich den Kameramarkt.

Vor einigen Wochen platzte mir dann der Kragen und ich bestellte einfach, was meiner Vorstellung von einer kompakten Kamera am nächsten kam, die Sony Alpha NEX 5R. Obwohl sie mich in Teilen überzeugte, war sie nicht das Richtige. Die Bildleistung war in Ordnung, aber nicht überragend und die Bedienung fühlte sich nicht wie eine Kamera an, sondern wir eine Mischung aus einem Mobiltelefon und einem frühen Telespiel.

Dann las ich von der Fujifilm X-Pro1 und deren Chip, der durch den Verzicht auf einen AA-Filter und eine neue Pixelanordnung knackscharfe Bilder auf Augenhöhe mit einer 5D MarkII machen würde. Dann las ich weiter, dass Fuji den gleichen Chip in der neueren und kompakteren X-E1 verbaut. Das hat mir gereicht und ich habe es ausprobiert.

Der Knackpunkt: die Objektive

35mm, f/2, 1/35sek, ISO 800

Das Hauptproblem beim Kauf der X-E1 ist es aktuell, Objektive für den X-Mount zu kaufen. Ich fand aber nach einigem Suchen einen deutschen Händler, der das gewünschte erste Objektiv, das Fujinon XF 35mm f/1.4 R, noch genau einmal auf Lager hatte. Da der Fuji-Sensor kein Vollformat ist, müssen die Brennweiten noch mit dem Verlängerungsfaktor von 1,5 multipliziert werden, um das Kleinbild-Äquivalent zum Vergleich zu bekommen.

Generell sind alle, die eine der Fujinon-Linsen in der Hand hatten begeistert von Abbildungsleistung und Verarbeitung. Die Prüfung ist aber, die Linsen erstmal zu besorgen.

Mehr oder weniger Verfügbar sind neben meiner 35mm noch ein 18mm f/2 und ein 60mm f/2.4 Macro. Bei größerer Anstrengung bekommt der geneigte Jäger und Sammler hin und wieder auch das neu erschienene 18-55mm f/2.8-4 Kit-Objektiv. Teilweise sogar im neuerdings verfügbaren Kit. Wem sich beim Wort »Kit« die Fußnägel hochrollen, dem sei gesagt, dass die Vorverurteilung fehl am Platze ist. Verarbeitung und Abbildungsleistung sind durchweg gut. Wenig Glück hat der potentielle Fuji-Käufer auf der Suche nach dem 14mm f/2.8, dass ich gerne noch für meinen New York Aufenthalt erstehen würde. Vor Ende Januar wird das aber wohl wohl nichts.

In den Häuserschluchten von New York ohne etwas weitwinkligeres als das 35mm, aufzuschlagen erschien mir aber sinnlos, also habe ich mir inzwischen auch noch das oben erwähnte 18–55mm zugelegt. So, das war ganz schön viel Vorgeplänkel, aber ich finde, es sollte jedem gesagt werden, der eine Kamera kauft, dass er möglicherweise erstmal ohne Objektiv dasteht, auch wenn das sicher ein temporäres Problem ist.

Die Kamera

Die Rückansicht der Kamera

Erst einmal zur Optik: ich bin nicht unbedingt ein großer Fan der Retro-Optik, die Fuji für die X-E1 und ihre Geschwister aufgelegt hat. Ich mag dafür aber um so mehr, dass sie viele Knöpfe spendiert bekam. Der Touchscreen der Sony war für mich Spielerei. Ich will Fotos machen und mich nicht mit einem mäßigen Touchscreen herumärgern. Blendeneinstellung und Schärfe werden am Objektiv eingestellt, alles Andere findet an drei kleinen Rädchen, einem Steuerkreuz, zwei Drehschaltern und knapp zwei Händen voller Knöpfe statt. Die Bedienung ist weitgehend logisch und alles fühlt sich wirklich wie eine Kamera an. Wie eine Fotokamera.

Du willst Videos machen? Tja, das ist dein Problem. Zwar kann die X-E1 Videos aufzunehmen, aber keines der Bedienelemente ist extra dafür vorgesehen oder gar beschriftet. Die Sony hatte einen roten REC-Knopf genau dort, wo der rechte Daumen lag. Solchen Spielkram gibt es hier nicht. Mich interessiert die Videofunktion allerdings überhaupt nicht. Ich habe ein kleines Testvideo gemacht und kann sagen: es funktioniert. Bildstabilisation findet nicht statt, was ein aus der Hand geschossenes Video recht hakelig wirklen lässt. Außerdem sollte ein externes Mikro benutzt werden, wenn man nicht die Geräusche des Objektivs mit auf dem Film haben möchte. Aber alles an der Kamera schreit: „ich bin ein Fotoapparat, du Pfeife, gehe raus und mache Fotos mit mir!“

Tatsächlich muss man nicht unbedingt raus gehen, denn auch bei wenig Licht kommt der „X-Trans“-Sensor relativ gut zurecht. Die Bildqualität bei höheren ISO-Werten tritt der Sony doch noch einmal deutlich ins Gesäß und meiner alten Canon sowieso. Dazu das Objektiv mit einer großen 1.4er Anfangsblende und fertig ist das Nachtsichtgerät. Lediglich der ohnehin mäßige Autofocus des 35mm wird im Dunklen zunehmend zur Glückssache. Hier ist das neuere Zoomobjektiv deutlich voraus. Alles Andere fühlt sich gut verarbeitet und solide an, deutlich besser als bei Canons Einsteigerobjektiven.

35mm, f/1.4, 1/60sek, ISO 800

Einige kleine Ungereimtheiten gibt es in der Bedienung. Dass ich zum verschieben des Autofokuspunktes erst die entsprechende Taste drücken muss und nicht gleich mit dem Steuerkreuz verschieben kann ist unlogisch. Das umstellen in den Makro-Modus, das per Steuerkreuz erfolgt ließe sich wunderbar auf die dedizierte Taste legen und schon wäre die Bedienung eine Ecke schneller. Bei Marcels X100 lies sich im ISO-Automatikmodus eine Mindestblende einstellen. Das fehlt in der Software der X-E1. Das Rad für die Belichtungskorrektur ist in meinen Augen außerdem minimal zu leichtgängig. Aber das wars dann auch schon.

Das in vielen Tests bemängelte wenig hochauflösende, kleine Display ist mir nicht negativ aufgefallen. Egal wie hochauflösend das Display an der Kamera ist, es kann keinen ultimativen Aufschluss über die Qualität des Fotos geben. Sicher wäre schärfer netter, aber mir fällt es nicht weiter auf. Ich bin aber ja auch gerade aufs iPad mini gewechselt und Auflösungsrückschritte gewohnt.

Dann ist da ja noch der elektrische Viewfinder, mein Erstkontakt mit dieser Erfindung. Das ganze funktioniert ein wenig wie früher: man guckt in ein kleines Loch in der Kamera, sieht aber nicht das Bild der Linse über einen Spiegel oder einfach eine Nachahmung des Bildes durch eine eigene Optik, sondern ein kleines OLED-Display im Inneren der Kamera, dass auch bei starkem Sonnenschein gut zu sehen ist. Außerdem fotografiert man nicht, wie der deutsche Klischeetourist, aus dem Hohlkreuz. Auch ein Kompromiss mit dem ich leben kann. Natürlich ist die Ansicht minimal verzögert, aber ich will ja auch nicht ein Auge damit ersetzen, sondern meine Fotos beurteilen. Dabei ist natürlich von Vorteil, dass sich durch den EV das volle Bild sehen lässt. Für 100% Sensorabdeckung muss der geneigte Hobbyfotograf bei den Spiegelreflexen schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Selbst die Canon 6D kommt nur auf 97%.

Akkuleistung

Eigentlich ein zu vernachlässigender Punkt, sofern der Akku nicht schneller leergesogen wird, als eine Flasche Vodka auf einem russischen Straßenfest. Oder in der Sony NEX-5R. Ganz genau kann ich nicht sagen, wie lange der Akku hält, da ich die Kamera bisher fast ausschließlich mit einer Eye-Fi-Karte betrieben habe. Trotz des regelmäßigen Rumspielens mit dem neuen Gerät, dem Wifi der SD-Karte und diversen Testbildern hielt der Akku mehrere Tage.

und die Bilder

Ohne irgendwelche wissenschaftlichen Tests durchgeführt oder Testcharts abfotografiert zu haben, kann ich sagen, dass ich sehr viel zufriedener bin als bei der Sony. Die Bilder sind schärfer und manchmal bin ich noch erstaunt, was aus der Kamera für Bilder kommen. Aber nicht alles, was hinkt ist ein Vergleich: eine Festbrennweite an der Fuji, die fast so viel kostet wie die ganze Sony-Kamera mit Kit-Zoom-Objektiv, da ist der Verglich vielleicht nicht sonderlich fair. Aber hinten ist die Ente fett und es zählen die Fotos. Hier bin ich mit der Fuji eindeutig glücklicher.

Die Bildqualität bei hohen ISO-Werten haut mich einfach aus den Socken. War mit meiner 450D alles über ISO 400 völlig verrauscht, kann ich bei der X-E1 bedenkenlos bis 3200 hochschalten und auch bei noch höheren Werten sind die Ergebnisse sehr gut. Roël hat ein paar Bilder zum Vergleich zusammengestellt.

Viel mehr kann ich dazu auch gar nicht sagen. Die Fuji haut den Ball für eine doch recht kompakte Kamera für unter 900€ dann doch weit aus dem Stadion. Die Bilder sind scharf, die Verarbeitung ist gut und fotografieren macht wirklich spaß mit der Kleinen.

Zur Verarbeitung der Bilder: mit Lightroom 4.2 hielt Kompatibilität zur X-E1 Einzug in Adobes Fotografentool. Da sich gleiches nicht von Apples Aperture sagen lässt, klärt sich für mich die Frage nach meinem Werkzeug von allein.

35mm, f/7.1, 7sek, ISO 400

Und jetzt der große Punkt, der mir im Moment noch etwas Bauchschmerzen bereitet: Würmer. Es gibt ein Problem im Zusammenspiel der Bilddaten aus den »X-Trans«-Sensoren der X-Pro 1 und der X-E1 mit Adobes RAW-Konverter, der dazu führt, dass die Pixel zu kleinen Würmern zusammengefasst werden. Offenbar eine Folge des »Demosaicing« des Sensors, dessen Pixelanordnung anders funktioniert als bei nahezu allen anderen Kameras dieses Planeten. In den Fuji und Adobe-Foren wird auch gerne von einem Wasserfarben-Effekt gesprochen, weil der entsprechende Photoshopfilter ähnliche Effekte zu Tage fördert.

Bei den Meisten Bildern ist das kein größeres Problem. Jedoch hatte ich bei einigen Langzeitbelichtungen und stark strukturierten Oberflächen keine Möglichkeit mich frei beim Nachschärfen zu bewegen. Das Bild fliegt einem dann ganz schnell um die Ohren.

Ergebnis

Jetzt sitze ich noch weiter zwischen den Stühlen. Die 6D kommt vielleicht doch noch rechtzeitig vor dem Urlaub, die Fuji ist aber fast genau, was ich haben möchte. Der Fehler mit den RAW-Dateien ist sehr ärgerlich, wird aber sicher/hoffentlich bald behoben. Der Autofokus ist im 35mm nicht so der Hammer, im Zoom-Objektiv aber besser. Ich mache aber ja auch keine Sportfotografie, hier sind die aktuellen Spiegelreflexkameras sicher noch einen Schritt voraus, kosten aber auch mehr. Im Gegenzug bekomme ich ein deutlich kompakteres Gehäuse und kleinere Linsen. Das alles steigert die Wahrscheinlichkeit, dass ich die Kamera tatsächlich bei mir habe.

(figure: dscf0036.jpg caption: 35mm, f/1.4, 1/60sek, ISO 800)

Wie ich schon nach dem Ausprobieren der Sony kund tat, ist mir Wifi mittlerweile gar nicht mehr so wichtig, die GPS-Positionierung aber um so mehr. Für Beides teste ich gerade verschiedene Hilfslösungen und werde da gegebenenfalls später eine Zusammenfassung schreiben.

Wer sich mir den eineinhalb Schwächen der Fujifilm FinePix X-E1 abfinden kann und die Prüfung des Fight Clubs besteht, sich Linsen für die Kamera zu besorgen, hat sicher viel Spaß damit. Außer man möchte Dinge fotografieren, die sich sehr schnell bewegen oder braucht wirklich das letzte bisschen Lichtstärke oder Bildqualität. Aber selbst dann muss der Fotograf in uns doch deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Ich habe jedenfalls Spaß mit der Kleinen und bin mir sicher, auch weiterhin mit der Fuji unterwegs zu sein und die Canon wird abbestellt. Hallo spiegelfreie Zukunft.